Uhuru

Projekt: Terraforming

Projektleiter: Lutz Neumann

 

UHURU

Planetendaten Dritter Mond des Planeten Challom im Daedre-System

Durchmesser: 10500 km

Gravitation: 0,98 g

Dichte: 6,1 gr./ ccm

Planetenjahr: 25 Tage

Tageslänge: 16,3 Stunden

Atmosphäre: 68% N, 14% O, 10% Asche und Staub, 8% Edelgase

Klima: Arktisch bei größter Entfernung zur Sonne, tropisch heiß bei größter Annäherung. Im Reigen aller besiedelten Planeten der Inneren Sphäre nimm Uhuru eine Sonderstellung ein. Diese rührt weniger von seiner Lage zum Steinerschen Raum her, als vielmehr von seinem Platz im Sonnensystem. Als dritter von insgesamt fünf Trabanten des grauen Gasriesen Challom ist er einer der wenigen besiedelten Monde in der Inneren Sphäre.

Das Leben auf Uhuru ist hart und entbehrungsreich. Alle 53 Jahre, wenn sich Challom auf seine Winterreise begibt, d.h. sich von seiner Sonne entfernt, fallen die Temperaturen stark ab und eine Eiszeit bemächtigt sich der Oberfläche Uhurus. Die Reststrahlung der Sonne und die Eigenstrahlung des Gasriesen reichen aber aus, um das Überleben von Flora und Fauna am Äquator zu gewährleisten. Auf diesem Streifen von ca. 2000km Breite spielt sich das hauptsächliche Leben Uhurus ab. In den kommenden 53 Jahren zieht sich das Eis wieder zurück und gibt den Blick auf eine erschreckende Landschaft frei: Tektonische Beben, Vulkanausbrüche und Gletschertätigkeit haben die Oberfläche entsprechend chaotisch gestaltet. So findet man am Gletscherrand glattgeschliffene Felsplatten und Geröllmuränen, durchzogen von reißenden Schmelzwasserströmen. Während der Annäherungsphase Challoms an seine Sonne, überzieht sich die tundraähnliche Landschaft zwischen den Gletscherrandgebieten und dem Urwald am Äquator mit Moosen, Flechten und niedrigem Buschwerk. Alte, von der Kälte konservierte Vegetation verrottet und ergibt zusammen mit den feingemahlenen Mineralien ein besonders fruchtbaren Boden. Dieser wird gern von den heimischen Agrarwirten abgebaut und als Kultursubstrat für die eigenen, ärmeren Böden verwendet. Damit sichern sie sich reiche Erträge und ein Überleben während der Eiszeit. Bei ihren Abbaubemühungen stoßen die Arbeitsmaschinen häufig auf die tiefen Stollen der Pfeifratten, einer etwa dackelgroßen Reptilienart, welche tiefe Höhlen in den Boden gräbt, in denen sie überwintern. Eine Art "Totenstarre" hält sie dabei am Leben und sobald die ersten wärmenden Sonnenstrahlen die Erde auftauen, erwachen sie wieder und genießen ihr neues Leben in vollen Zügen. Ihren Namen verdanken sie den ersten Siedlern und Geologen, welche sie mit lautem Pfeifen vertreiben wollten. Trotz des fruchtbaren Bodens ist keinerlei Agrarwirtschaft in dieser Gegend angesiedelt. Erste Versuche scheiterten an der Fressgier der Pfeifratten, welche daraufhin eine groß angelegte wie erfolglose Ausrottungsaktion über sich ergehen lassen mußten, sowie an der wenig verlockenden Notwendigkeit, vor Einbruch der Eiszeit die ertragreichen Flächen wieder zu verlassen und eine Generation später wieder von vorne zu beginnen.

Außer den Pfeifratten findet der interessierte Exobiologe eine riesige Artenvielfalt an Insekten vor. Die vielen sumpfigen Schmelzwasserseen, welche sich zwischen den Findlingen, Sand- und Geröllhalden angesammelt haben, bieten einen idealen Lebensraum. Diese Insekten bieten die Nahrungsgrundlage der Graham Rebhühner, während die Insekten wiederum von Exkrementen und Kadavern der Tiere leben. Der Exobiologe Nigel Graham, der die Vögel als erster entdeckte und beobachtete, stellte eine starke Verbindung zwischen den Rebhühnern und den Pfeifratten fest:

Während die Pfeifratten mit viel List und Geduld versuchen, die Nester in den niedrigen Gehölzen zu plündern, veranstalten die Graham Rebhühner eine regelrechte Treibjagd auf die Räuber, welche sie mit ihren scharfen Schnäbeln töten, sollte es ihnen tatsächlich gelungen sein, das eine oder andere Nest zu plündern. Dieses Verhalten läßt eine beginnende Intelligenz vermuten. Mit diesem Verhalten reguliert die Natur auf Uhuru die Anzahl der höheren Lebewesen.

Lediglich die Vernichtungsaktion gegen die Pfeifratten brachte ein Übergewicht an Graham Rebhühnern. Diesem Umstand tragen die Siedler mit alljährlichen Treibjagden Rechnung. So wird versucht, der beginnenden Flut dieser Tiere Herr zu werden und das Gleichgewicht wieder herzustellen. Ortsansässige Naturschützer allerdings bezweifeln den Nutzen solchen Tuns und versuchen mit Initiativen wie "Rettet das Rebhuhn" ein Gegengewicht zu den, wie sie meinen, "Neureichen Ballerorgien" zu schaffen. Wer glaubt, auf Uhuru Urlaub verbringen zu können, wird schnell eines besseren belehrt. Kreuzfahrten und Badeurlaub wie an den berühmten Badebuchten Anduriens sind hier nicht möglich. Nicht, weil es etwa kein Oberflächenwasser geben würde, nein, eher ist es so, daß lediglich riesige, vulkanisch aufgeheizte Binnenmeere existieren, die durch ihren hohen Gehalt an giftigen Schwefel- und Chlorverbindungen der menschlichen Gesundheit abträglich sind. Gespeist werden diese flachen Gewässer durch den regen Zulauf von Schmelzwasser der riesigen Gletscher, die in Ermangelung tiefer Meere nicht "kalben" können, und so gezwungen sind, ihre Wassermengen über reißende Flüsse los zu werden. Eisberge sind deshalb auf Uhuru, trotz riesiger Eismassen, ein unbekanntes Phänomen. Dennoch bieten die Gletscher für die ansässigen Menschen Arbeit und Trinkwasser. So entwickelte sich rasch nach der ersten Besiedlung eine einträgliche Berufssparte: Die Süßwasserversorger, im Volksmund auch "Eiskratzer" genannt. Ein einfacher, aber gewinnbringender Job, bei dem man nicht mehr zu tun hat, als mit einem abgedichtetem, offenen Transporter und einem Radlader an den Rand eines Gletschers zu fahren, dort Eis abzubauen, auf die Ladefläche abzukippen und nach dem Beladen nach Hause zu fahren. Die wärmenden Sonnenstrahlen lassen das Eis bis zur Ankunft etwa zur Hälfte schmelzen, so daß es schnell an den Endverbraucher weitergegeben werden kann. Schon bald nach Erkenntnis, mit diesem Job ein Vermögen zu verdienen, machten sich fast 75% der Kolonisten auf, um für Frischwasser zu sorgen. Ein "Run" auf die Gletscher setzte ein und sehr schnell brach die Wirtschaft zusammen, weil wichtige Arbeitskräfte fehlten. Mit meist primitivsten Mitteln wollte man ein schnelles Geld verdienen, ungeachtet der Gefahren, die auf der ganzen Strecke lauerten. So übersahen viele der "Glücksritter" die Unberechenbarkeit der reißenden Schmelzwasserströme. Hunderte kamen bei den ersten Überquerungen zu Tode, bis man in der Lage war, einfache Brücken herzustellen. Dieses verzögerte sich auch wegen der fehlenden Arbeitskräfte.

Andere Gruppen spezialisierten sich auf Überfälle der Wassertransporter, bei denen es wieder zu zahlreichen Opfern kam. Doch nicht nur Kriminalität oder Unglücksfälle veranlaßten letztlich die Regierung, dieses Geschäft unter ihre Führung zu bringen. Die Chronik der Kolonie weist in diesem Zusammenhang auch auf die Tatsache hin, daß einige Firmen, um die Kosten des weiten Transportes zu verringern, Wasser aus den Binnenmeeren mit Frischwasser verschnitten. Dieses Gehabe ging solange gut, wie die Konzentration der "Chemiebrühe" ( s. unten) nicht nennenswert anstieg. Doch im Jahre 2748, fast auf das Jahr genau 200 Jahre nach der ersten Besiedelung, kam es zur Katastrophe. In einem Ballungszentrum der Stadt Sendenheim wurden ca. 33% der Bewohner durch gepanschtes Trinkwasser vergiftet. Die Behörden zählten 1756 Tote und Schwerstverletzte. Eine sofort eingesetzte Untersuchungskommission stellte den Verursacher fest und ließ ihn nach umfangreichen Verhandlungen öffentlich hinrichten. Die Qualität des Trinkwassers stieg sprunghaft, dennoch sah sich die Regierung veranlaßt, die Wasserversorgung der Bevölkerung unter staatliche Kontrolle zu bringen. Viele Privatunternehmen wurden geschlossen, die Angestellten aber von der Regierung übernommen. In privater Hand verblieb lediglich der Wasserhandel für die Industrie, die sich aber nur auf kleine, handwerkliche Betriebe beschränkte.

Die staatliche Kontrolle garantiert auch ein gleichbleibendes Preisniveau. Denn in den letzten Tagen des freien Wasserhandels, hatten Syndikate und andere kriminelle Kreise den Schutz der Wassertransporte übernommen, was die Preise enorm in die Höhe schnellen ließ. Nachdem nun der Staat diesen Schutz übernommen hatte, blieben für die kriminellen Vereinigungen nicht mehr viel Raum. So wahren Bandenkriege eine Zeitlang an der Tagesordnung. Die Regierung sah sich nicht veranlaßt, hier einzuschreiten, erledigten sich doch manche Probleme von selbst.

Dennoch sorgte die Regierung von Uhuru dafür, daß jedes Haus mit einer Kaverne ausgerüstet wurde, die eine konstante Wasserversorgung gewährleistete. Wasserleitungen von einer zentralen Stelle aus, verboten sich wegen den häufigen Beben von selbst. Nähert sich nun Challom immer weiter seiner Sonne, werden auch die Tage auf Uhuru heißer und die Binnenmeere fangen an, zu verdampfen. Menschen wird in dieser Zeit nicht empfohlen, sich an ihren Ufern aufzuhalten und die Aussicht zu genießen. Die Säurehaltigen Dämpfe lösen alles organische Material auf, ein Erlebnis und Anblick von selten schöner Güte.

Mit der schrumpfenden Entfernung zur Sonne nehmen auch die starken Beben und Vulkanausbrüche zu. Ihren Höhepunkt erreichen sie, wenn Uhuru genau zwischen der Sonne Daedre und Challom, der im Zenit seiner Sonnenumkreisung steht, hindurchtreibt. Die wechselnden gravitatorischen Kräfte zerren an der Planetenkruste und lösen heftige Beben und Erruptionen aus. Geologen glauben daher, das Uhuru in ca. 150.000 - 500.000 Jahren völlig von den Kräften der Himmelskörper zerstört werden wird. Besonders heftig spürt man diese Kräfte am Äquator. Hier, wo sich die Kontinentalplatten aneinander reiben und zu Hochplateaus auftürmen, kommt die Erde selten zur Ruhe, so daß Erdbeben und Vulkanausbrüche fast zur Tagesordnung gehören. Trotzdem gibt es überall "Inseln der Ruhe", wie die bebenfreien, großen, mit tropischen Wäldern bewachsenen Areale von den Einheimischen genannt werden. Agrarwirtschaft und Tierhaltung werden hier betrieben, wie auch Wohnsiedlungen und kleine Gewerbebetriebe. Industrie, vor allem Schwerindustrie ist nicht vorhanden. Entsprechende Bauvorhaben endeten in einem Fiasko und dem Untergang der entsprechenden Firmen.

Bergbau, der seltene Erden und Erze fördert, finden nur im kleineren Rahmen und im Übertagebau statt. Seine Erträge reichen aus, die Kolonie ausreichend mit Rohstoffen zu versorgen und einen kleinen Handel in Gang zu halten. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang noch die Goldwäscher, welche es sich zur Aufgabe gemacht haben, in mühseliger Handarbeit den reißenden Schmelzwasserflüßen einige Goldnuggets abzuringen. Diese Außenseiter der Gesellschaft verbringen viele Jahre als Einsiedler in der Wildnis, gelten aber unter Fachleuten als die Spezialisten, wenn es ums Überleben und Naturkenntnisse geht.

Viele ehemalige Syndikatsangehörige und gescheiterte Existenzen findet man unter ihnen. Als herausragende Persönlichkeit ist hier "Old Joe" zu erwähnen. Von ihm weiß man lediglich, daß er schon zwei Eiszeiten mitgemacht hat, also schon mindestens 126 Jahre alt sein muß, da er, auf diese Tatsache hingewiesen, nur davon spricht, schon als junger Mann sei er mit dem Goldwaschen angefangen.

Auch eine kleine militärische Garnision befindet sich auf diesem Planeten. Die Miliz welche zwar über beträchtliche finanziell Mittel verfügt und sich hauptsächlich aus Freiwilligen und Arbeitsscheuen zusammensetzt, ist aber schlecht ausgebildet und würde einem massiven Angriff aus dem Raum nichts entgegenzusetzen haben. Daher ist es einem glücklichen Umstand zuzuschreiben, daß das Oberkommando der Streitkräfte der Liga Freier Welten die Söldnertruppe "Iron Horses" hier stationiert hat. Somit ist wenigsten ein wirksamer Schutz gewährleistet.

Für den Schutz der Truppe sorgt hingegen der Planet selbst. Seine tätigen Vulkane schleudern große Mengen von Asche und Rauch in die Atmosphäre. Besondere Windverhältnisse halten diese Wolken eine Zeitlang über der Äquatorregion fest, bis sie in größerer Höhe zur Seite hin verwehen. Neben dem hervorragenden Sichtschutz bieten diese Wolken durch ihren hohen Gehalt an verdampften Metallen auch einen guten Tarnmantel, welcher Taststrahlen, etwa von Magnetischen Anomalientastern, völlig durcheinanderbringt.

Über dieser dichten Wolkendecke sind vereinzelte Hochplateaus sichtbar. Sie stammen von erloschenen Vulkanen und sind weitgehend Erdbebensicher. Anlaß genug, hier, auf dem Gipfel des Monte Shaka, den einzigen Raumhafen des Planeten zu errichten, sowie eine kleine Comstar-Anlage. Serpentinen, Seilbahnen und VTOL-Transporter übernehmen den Frachtverkehr zwischen Raumhafen und der Millionen-Hauptstadt Mandigo's Heaven.

Über den Äquatorring verteilt, findet man in gut getarnten Stellungen auch Radaranlagen der Söldner. Diese sind aber nur bedingt wirksam, da sich durch den geringen Abstand zu Challom magnetische Felder aufbauen, die sich ca. alle drei bis vier Wochen in gigantischen "Nordlichtern" entladen. Funkanlagen, ja sogar der Hyperpulsgenerator Comstars sind nicht in der Lage, diese riesige elektromagnetische Sperre zu durchdringen. Neue geologische Untersuchungen haben in beiden Polregionen, wo die Drift des Eises recht wenig spürbar ist, unterirdische Kavernen finden lassen. Ein militärischer Nutzen dieser riesigen Höhlen wird in Erwägung gezogen, zumal auch hier die tektonischen Beben kaum noch Auswirkungen haben. Weiterführende Überlegungen gingen dahin, hier Mechhangars und Fabriken zu installieren.

Zur Zeit werden diese Möglichkeiten im Kommndostab Janos Mariks geprüft.